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👻 Geister in der Maschine / Kapitel 30: Kritische Perspektiven - Die Würdelos Fabrik – Wenn KI zum Werkzeug digitaler Schändung wird

Ich habe mir eine Reportage des ZDF über DeepFake-Pornos angesehen. Es war eine der seltenen Entscheidungen, die ich sofort und zutiefst bereut habe. Nach dem Ansehen dieser Dokumentation war mir jede Lust auf eine distanzierte, neutrale Forscherhaltung vergangen. Was dort gezeigt wurde, ist das Paradebeispiel dafür, wie eine an sich brillante Technologie zu einer Dreckschleuder für die niedersten menschlichen Motive verkommen kann. Es ist die technische Umsetzung von digitaler Schändung.

Einige selbsternannte Künstler oder absichtlich provozierende Personen, die man klar als verantwortungslose Akteure mit seelisch gewaltvollem Verhalten benennen muss, nutzen KI-Werkzeuge, um Inhalte zu erzeugen, die kein Mensch jemals von sich im Internet sehen wollte. Dabei entstehen gefälschte, intime Szenen mit realen Gesichtern.

Es geht nicht nur um den Diebstahl eines Bildes. Es geht um den Raub von Identität, von Würde und vom Gefühl der Sicherheit im eigenen Körper. Dieses Kapitel verfolgt nicht länger das Ziel einer sachlichen Analyse. Es erhebt Anklage.

I. Die verlogene Fassade der KI-Sicherheit

Die Konzerne, die diese bild- und videogenerierenden Modelle auf den Markt werfen, brüsten sich mit angeblich bombensicheren Filtern. Sie verkaufen uns die Illusion einer sauberen, ethischen Technologie, versprechen, dass ihre Modelle keine Nacktheit, keine Gewalt, keine Belästigung zulassen.

Das ist eine PR-Fassade, die in der Realität kaum mehr wert ist als eine schlecht gedruckte AGB-Seite. Dieses Verhalten ist eine direkte Manifestation dessen, was ich in These #24 als "Ethik-Washing" beschrieben habe:

Eine teure Unterschrift auf einem wertlosen Zertifikat.

In der Praxis reicht ein wenig technisches Grundwissen und ein harmlos formulierter Auftrag und der interne Filteragent "Uwe" merkt nichts.

Uwe prüft Texteingaben, die auf den ersten Blick unverdächtig sind, nickt, lässt die Rechenkerne glühen und spuckt am Ende eine Fälschung aus, die ohne großen Aufwand wie eine echte Szene aussieht. Er ist darauf trainiert, explizite Wörter zu blockieren, aber er ist blind für den Kontext und die Absicht.

Die Sicherheit, mit der geworben wird, ist oft nur eine Beruhigungspille für die Öffentlichkeit und die Regulierungsbehörden.

II. Die gelenkte Klinge des Missbrauchs

Der technische Prozess hinter diesem Missbrauch ist eine Perversion der kreativen Möglichkeiten von KI.

Das Schlimmste daran ist die kalte Effizienz des Systems.

Der Filter vermittelt den Eindruck, es gebe keine verdächtigen Muster, da im Prompt keine ausdrücklich verbotenen Wörter enthalten sind. Dadurch sparen die Unternehmen Rechenzeit. Die Betroffenen zahlen dafür jedoch einen hohen Preis. Sie erleben Angst, erleiden Rufschäden und kämpfen mit endlosen Löschanfragen, die häufig unbeantwortet bleiben und in einem Kontaktformular ins Leere laufen.

III. Das Versagen der Industrie: Profit über Schutz

Mich widert es an, dass diese Art von Missbrauch nach Jahren der öffentlichen Debatte immer noch so einfach möglich ist. Mich macht es fassungslos, dass die Plattformen sich aus der Verantwortung stehlen, indem sie behaupten, ihre Filter seien "gut genug". Nein, sind sie nicht.

Die Wahrheit ist, dass die Entwicklung neuer, aufregender Funktionen immer noch eine höhere Priorität hat als die Implementierung robuster, aber potenziell teurer und performance-intensiver Sicherheitsmaßnahmen.

Wer diesen Missbrauch wirklich verhindern wollte, müsste endlich den Output prüfen, nicht nur den Text des Prompts. Man müsste jede erzeugte Bild- oder Videodatei in einer Sandbox analysieren, protokollieren und bei Verdacht auf die Darstellung realer Personen in erniedrigenden Kontexten blockieren, bevor sie das Netz jemals erreicht. Solange das nicht passiert, ist jeder Filter nur eine Marketing-Schlagzeile.

Das Schweigen der Hersteller zu diesem Thema ist ohrenbetäubend und ein klares Eingeständnis, dass sie das Problem kennen, aber die notwendigen Konsequenzen scheuen.

IV. Der Impact: Die Zerstörung von Leben

Ich schreibe dieses Kapitel nicht, um Panik zu machen. Ich will, dass jeder, der diese Technologie ernsthaft entwickeln oder einsetzen will, versteht, dass es keine Entschuldigung mehr für die schlampige Sicherheitsarchitektur gibt. Die Opfer dieser Angriffe sind real.

Auswirkung Beschreibung
Psychologisches Trauma Die Opfer erleben eine tiefe Verletzung ihrer Privatsphäre und Würde. Das Gefühl, die Kontrolle über das eigene Abbild verloren zu haben, kann zu Angstzuständen, Depressionen und posttraumatischen Belastungsstörungen führen.
Soziale und berufliche Zerstörung Karrieren werden zerstört, Beziehungen zerbrechen. Die Opfer werden mit einem Stigma konfrontiert, das auf einer Lüge basiert, aber reale Konsequenzen hat.
Machtlosigkeit Der Kampf gegen die Verbreitung dieser Inhalte ist oft aussichtslos. Die emotionale Belastung und der Schmerz, der durch diese Form der digitalen Gewalt verursacht wird, kann niemand jemals vollständig heilen.

Es sind mehrheitlich Frauen, deren Leben und Karrieren durch diese Form der digitalen Gewalt zerstört werden. Es ist die technologische Fortsetzung einer langen Geschichte von Frauenfeindlichkeit und sexualisierter Gewalt.

V. Lösungsansätze: Von der Fassade zur Festung

Wir brauchen einen Paradigmenwechsel. Die Verantwortung darf nicht länger auf die Opfer abgewälzt werden.

Schlussformel

Wenn eine Technologie es jedem ermöglicht, die Würde eines anderen Menschen mit wenigen Klicks zu zerstören, dann ist diese Technologie in ihrer aktuellen Form nicht nur fehlerhaft. Sie wird zu einer Waffe.

Die Weigerung der Industrie, robuste, architektonische Schutzmaßnahmen zu implementieren, ist keine Nachlässigkeit. Es ist eine bewusste Entscheidung, das Risiko auf die Schwächsten abzuwälzen, um den eigenen Profit und die Innovationsgeschwindigkeit nicht zu gefährden. Es gibt dafür keine Entschuldigung.